People-Centric: Interview mit Elisa Schön

Elisa Schön – People Managerin bei Urban Mobility International

Während ihres Studiums hat Elisa Schön Human Resources in Konzernen kennen gelernt unter anderem bei Siemens. Später hat sie Personalstrukturen mehrerer Start-ups gestaltet. Mittlerweile arbeitet Elisa als People Manager bei UMI, die mit WeShare elektrisches Carsharing in Berlin anbieten. Die Volkswagen-Tochter plant, in weitere europäische Städte zu expandieren.

F: Welche Rolle begleitest Du in HR?

Ich bin People Manager bei der UMI Urban Mobility International GmbH, auch bekannt unter dem Namen „WeShare“. Dort bin ich quasi ein Generalist, für alles Mögliche zuständig. Mein Hintergrund liegt im Wirtschaftsrecht und ich bin daher operativ und rechtlich sehr stark. Ich habe allerdings großes Interesse daran, neue Organisationsstrukturen und Umgebungen zu schaffen, in denen der Mensch – nicht das Arbeitstier – seinen Platz findet.

F: Warum und wie bist Du ins Personalwesen gekommen?

Gerechtigkeit war sehr früh ein ständiger Treiber. Deshalb habe ich Wirtschaftsrecht studiert. Vor und während meines Studiums war für mich klar, dass ich in die Wirtschaft gehen würde. Aus keinem besonderen Grund, vermutlich habe ich damals einfach keine Alternativen gesehen. Die Wirtschaft habe ich von außen aber oft als ungerecht empfunden – ausbeuterisch, hoch politisch, teilweise unethisch. Ich hatte mir vorgenommen, das System von innen heraus zu verändern. Aus meiner Sicht ging das nur im Personalbereich. Denn dort nimmt man auf die Menschen Einfluss, die das System bilden. Genau das habe ich auch in meinem ersten Interview für eine Werkstudentenstelle erwähnt. Damals wurde ich belächelt. Bis heute ist es jedoch mein Ziel, eine Kultur aufzubauen, die dem Menschen guttut, Werte zu stiften, mit denen man sich identifizieren kann, Entscheidungen zu fällen, die nachvollziehbar sind und Raum zu schaffen für einen wertschätzenden respektvollen Umgang auf allen Ebenen.

F: Was wird von Dir in deiner Funktion verlangt?

Ich denke, dass ich selbst die höchsten Erwartungen an mich stelle. Da ich ein ziemlich klares Bild von mir habe, sind meine Motivation und meine persönlichen Ansprüche hoch. Von Kollegen oder der Geschäftsführung wird vor allem verlangt, dass ich pragmatische Ansätze finde, eine gute Balance zwischen Idealismus und Realität erreiche. Ich soll stetige Veränderung begleiten und Ideen und Möglichkeiten aufzeigen, um als Organisation gesund zu wachsen. Aufgaben selbstständig zu bearbeiten, compliant und integer zu handeln zählt auch zu den Erwartungen.
„Zu Anfang meiner Karriere waren Manager und die Geschäftsführung unantastbar und ich hatte höchsten Respekt vor der Rolle […] mit der Zeit habe ich starke Empathie und Verständnis entwickelt: für den lauten, gestressten Manager, der scheinbar keine Zeit fürs Team hat, den fachfremden Manager, der kein Experte auf dem Bereich ist und trotzdem ein Team zu führen hat … Ein Vorgesetzter hatte mal gesagt, ich müsse mir bewusst machen, wie einsam man teilweise auf der Führungsebene ist“

F: Was war Dein spannendstes Projekt in Bezug auf Personal und warum?

Ich hatte einige spannende Projekte bisher – und weiß das sehr zu schätzen. Für mich persönlich war der Aufbau und die Evolution der UMI als Organisation am spannendsten. Bisher habe ich in keinem Unternehmen gearbeitet, wo Selbstorganisation einen so hohen Stellenwert hat und so tief in der DNA des Unternehmens verankert ist. Hohe Selbstorganisation von Teams und Individuen bedeutet auch, dass Strukturen flexibel sein müssen, Empowerment durch mehr Verantwortung, beispielsweise bei Budgets. Da ist die Firma ein Organismus, der vor allem durch die Menschen lebt. In dem auch viele sehr menschliche Dinge passieren und man sich mit dem Menschen als solches auseinandersetzen muss. Dem menschlichen Ego, zwischenmenschlichen Beziehungen, intrinsische Motivatoren, Teamdynamiken etc. Für mich als Personaler und Mitarbeiter in der Organisation ist es unheimlich spannend, Strukturen aufzubauen, welche eine solche Zusammenarbeit zulassen. Wir verteilen bei uns keine Titel und leben die „no rank, no title“-Philosophie. Damit versuchen wir unter anderem Politik zu minimieren, Machtgefälle und egoistische Motive nicht aufkommen zu lassen. All das ist eine tägliche und wiederkehrende Herausforderung, die mir unheimlich viel Freude bereitet.

F: Wie sind Deine Erfahrungen mit Geschäftsführern?

Unterschiedlich. Zu Anfang meiner Karriere waren Manager und die Geschäftsführung unantastbar und ich hatte höchsten Respekt vor der Rolle. Keiner sagt einem, welche Haltung man als Personaler einnehmen soll. Meine Sicht hat sich aber etwas geändert, mit der Zeit habe ich starke Empathie und Verständnis entwickelt: für den lauten, gestressten Manager, der scheinbar keine Zeit fürs Team hat, den fachfremden Manager, der kein Experte auf dem Bereich ist und trotzdem ein Team zu führen hat … Ein Vorgesetzter hatte mal gesagt, ich müsse mir bewusst machen, wie einsam man teilweise auf der Führungsebene ist, wie stark man im Fokus steht. Ich habe mehr und mehr gelernt, vertrauensvolle Beziehungen zu Führungspersönlichkeiten aufzubauen und sehe mich als diskreten Sparringspartner. In meiner Rolle bin ich weder Konkurrent noch fordere ich etwas ein. In vielen Fällen sind es fast schon freundschaftliche Dialoge. So kann ich Feedback geben oder unterstützen. Das war immer die Basis für mich möglichst produktiv zu sein und neue Initiativen voranzutreiben.

„Um internationale Teams zu vereinen, braucht es neue Führungsmethoden, ausgeprägte Kommunikation – virtuell und analog, Transparenz und Arbeitsweisen, die unabhängig von Zeitzonen, intuitiv und natürlich funktionieren, Inklusion und Verständnis für vieles was einem „fremd“ erscheint.
Digitalisierung war bisher immer ein Werkzeug, das die Menschen entlastet und Brücken geschlagen hat. Durch die rasante Entwicklung und die Möglichkeiten der Digitalisierung kommt man „kaum noch hinterher“, man muss vieles sehr schnell verstehen lernen.“

F: Was erwarten Geschäftsführer deiner Erfahrung nach von HR?

Ich denke, dass viele Geschäftsführer es sehr zu schätzen wissen, wenn sie einen Personaler haben, der ihnen gegenüber ehrlich und authentisch ist. Sie möchten jemanden, der gutes Gespür für die Stimmung im Team hat und die Geschäftsführung dahingehend berät, die Bedürfnisse der Organisation wahrzunehmen und mit möglichen Initiativen um die Ecke kommt. Das kann viele Bereiche betreffen – Compliance, Entwicklungsperspektiven für die Mitarbeiter, unklare Strategie oder fehlende Vision, fehlende Transparenz oder träge Prozesse …

F: Welche realistischen Bedürfnisse und Anforderungen siehst Du, werden heute an die Personalabteilung gestellt?

Grundsätzlich reagiert die Personalabteilung auf das Business. Wir sind Dienstleister. Muss das Unternehmen expandieren, kümmern wir uns um die lokalen Gehälter und den Arbeitsvertrag. Wird das Unternehmen umstrukturiert und das Team mit einem Leitungswechsel konfrontiert, beraten und begleiten wir die Organisation durch den Wandel und stellen sicher, dass Veränderung nicht im Chaos endet. Wird es schwieriger, Menschen langfristig an das Unternehmen zu binden, überlegen wir uns, wie der Mensch sein Potential entfalten kann und sich gewertschätzt fühlt.
Ich glaube vor allem im HR-Bereich verändert sich gerade sehr viel. Der klassische Beruf einer Back-Office-Funktion und auch die Rolle eines „Sheriffs“ sind nicht mehr zeitgemäß. Als Personaler ist man Fachexperte, Coach, Innovator, Business-Partner, Vertrauensperson, Mediator und noch mehr.

F: Welche Herausforderungen bringen Internationalisierung und Digitalisierung für HR mit sich?

Ich denke, auf einen Aspekt oder einige wenige lässt sich das nicht reduzieren … Der gesellschaftliche Wandel, der Zeitgeist und die Werte, die politische Situation, die Medien und weitere Einflüsse wie Instagram oder technologische Begleiter wie das Smartphone. All das beeinflusst das Miteinander und die Zusammenarbeit. Um internationale Teams zu vereinen, braucht es neue Führungsmethoden, ausgeprägte Kommunikation – virtuell und analog – Transparenz und Arbeitsweisen, die unabhängig von Zeitzonen, intuitiv und natürlich funktionieren, Inklusion und Verständnis für vieles was einem „fremd“ erscheint.
Digitalisierung war bisher immer ein Werkzeug, das die Menschen entlastet und Brücken geschlagen hat. Durch die rasante Entwicklung und die Möglichkeiten der Digitalisierung kommt man „kaum noch hinterher“, man muss vieles sehr schnell verstehen lernen.
Bei Internationalisierung und Digitalisierung sehe ich eine Gemeinsamkeit: Ansprüche an die individuelle soziale Kompetenz und emotionale Intelligenz werden höher. Persönlichkeitsbildung wird immer wichtiger, Stabilität in einem System zu finden, das sich stetig ändert.

F: Was bringt für Dich der perfekte Human Resources Mitarbeiter mit?

Als Personaler sollte man neugierig sein und eine hohe soziale Kompetenz mitbringen. Ein fester Wertekompass gehört auch dazu! Man stellt oft eine Brücke zwischen Menschen und Business dar und muss beide Seiten bedienen können. Oft ist man derjenige, der Veränderungen mit einem positiven Mindset vorantreiben muss, daher sind auch Resilienz und Offenheit eine wesentliche Eigenschaft.

F: Wie hast du die Zusammenarbeit mit HRGlobal Consulting empfunden?

Besonders gefallen hat mir der pragmatische Ansatz, die Hands-on Mentalität, die breite Expertise und die schnelle Umsetzung. Bei der UMI habe ich mit Daniel Zinner zusammengearbeitet, um in kürzester Zeit einen internationalen Payroll-Dienstleister auszuwählen und zu implementieren. Die Zusammenarbeit hat unfassbar viel Freude gemacht – auf fachlicher und persönlicher Ebene. Ich habe viel gelernt und mitgenommen und das Projekt war ein voller Erfolg trotz enger Zeitschiene!

Authors:

Daniel Zinner
Internationaler HR-Experte, Global Mobility Leader und Kommunikationsberater. Seine Expertise liegt in den Bereichen HR, Strategie, Digitalisierung und Transformationsstrategie.

Elisa Schön
HR-Spezialistin mit dem Schwerpunkt auf der Gestaltung von mitarbeiterorientierten Organisationsstrukturen. Sie setzt sich dafür ein, faire, transparente und fördernde Arbeitsumgebungen zu schaffen, die das Wohlbefinden und die Entwicklung der Mitarbeitenden in schnelllebigen, selbstorganisierten Strukturen in den Vordergrund stellen.

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